Einst Klosterkirche, heute evangelische Gemeindekirche,
Kulturort und ein Wahrzeichen der Stadt Kaiserslautern
Die Stiftskirche blickt auf eine lebhafte Geschichte zurück. Der zentral gelegene gotische Kirchenbau zählt den bedeutendsten Gotteshäusern der Pfalz und verdankt sich dem Prämonstratenser-Orden, den Kaiser Friedrich I., "Barbarossa", nach Kaiserslautern gerufen hat. Bedeutend ist die Stiftskirche für die Geschichte der Evangelischen Kirche der Pfalz: 1818 schlossen sich hier Lutheraner und Calvinisten zu einer unierten Landeskirche zusammen.
Auch in der Gegenwart ist in der Stiftskirche viel los: Sie beheimatet die größte evangelische Gemeinde der Stadt mit über 4000 Mitgliedern. Die Stiftskirche ist täglich geöffnet. Gottesdienste, Kirchenführungen und Kulturveranstaltungen beleben die mittelalterlichen Kirchenmauern.
Zur Geschichte
Die Stiftskirche wurde durch den Prämonstratenserorden ab dem 13. Jahrhundert erbaut und Maria und Martin geweiht. Heute ist sie eine evangelische Gemeindekirche. Sie zählt zu den ältesten und bedeutendsten gotischen Kirchenbauten der Pfalz.
Eng verbunden ist die Geschichte der Stiftskirche mit Kaiser Friedrich I., Barbarossa. Er hat für den Ausbau der Region Prämonstratenser als Seelsorger nach Kaiserslautern gerufen und ein Grundstück für den Bau eines Hospizes und einer Klosteranlage zur Verfügung gestellt. Auf der Rundscheibe von 1540 wird er als "Fundator" (Gründer) des Stiftes genannt.
Im Zuge der letzen großen Baumaßnahmen unter Leitung des Architekten Werner Heyl kamen in den Jahren 1965/68 viele Details aus der Geschichte der Stiftskirche ans Licht: U.a. die Fundamente einer romanischen Vorgängerkirche (ab ca. 1152 erbaut) und Reste der umfangreichen Klosteranlagen im Süden der heutigen Stiftskirche. Mehr zur Geschichte erfahren Sie in unten in der historischen Bildersammlung.
Die Glocken der Stiftskirche
Mit Sicherheit hatte die Stiftskirche schon im Mittelalter ein bedeutendes Geläut, lebte doch um 1450-1480 der Glockengießer „otto von lautern“ in der Stadt, von dem bekannt ist, daß er 1452/53 das große Geläute für den Speyerer Kaiserdom geschaffen hat. Wie dieses einst klanglich berühmte Domgeläute, so gingen mit Sicherheit auch die Glocken der Stiftskirche entweder schon im 30jährigen Krieg oder um 1689 in den Reunionskriegen Ludwigs XIV. unter, spätestens aber wurden sie durch die französischen Revolutionstruppen nach 1794 als Kriegsbeute abgenommen und zu Kanonen umgegossen.
Mit Sicherheit ist aus dem Gießereikatalog bekannt, daß der ab 1861 in Kaiserslautern arbeitende Glockengießer Georg Hamm im Jahre 1863 zumindest vier neue Glocken gegossen hat (h°, dis’, fis’, h’ mit 1821, 974, 580 und 262 kg Gewicht), vielleicht zu einem historischen Bestand von einer oder zwei Glocken, welche die früheren Kriegsbeschlagnahmen übrig gelassen haben.
Nachdem auch 1917 alle Glocken bis auf die jeweils kleinste für die Rüstung des Ersten Weltkrieges beschlagnahmt wurden, gossen die Gebrüder Pfeifer 1927 ein neues, großes fünfstimmiges Geläute: h° (2400 kg)-cis’-dis’-fis’-gis”.
Die Hamm’sche Gießerei wurde 1881 von Joh. Georg Pfeifer (zugewandert aus Donauwörth) übernommen und nach dessen Tod ab 1914 durch die drei Söhne Georg, Adolf und Christian weitergeführt bis 1938.
Dieses bedeutende und, nach dem noch vorhandenen der Kaiserslauterer Apostelkirche, zweitgrößte Geläute wurde 1942 für die Rüstung des Zweiten Weltkrieges wiederum eingeschmolzen, die kleinste auf dem Turm verbliebene Glocke wurde mit der Kirche durch Bomben zerstört.
1957 erhielt die Stiftskirche dann - abgestimmt auf alle übrigen Glocken der Innenstadt - eines der ganz großen Geläute der Pfalz, gegossen von Gebrüder Bachert in Karlsruhe. Die sechs, musikalisch sehr gut gelungenen Glocken bilden mit ihrer Tonfolge as°-c’-es’-f'-g’-b’ ein spannungsreiches und reizvolles Plenum, das in dieser Form nur sehr selten disponiert wird (interessant ist der musikalische Vergleich mit dem Gseläute gleicher Disposition in der katholischen Pfarrkirche zu Waldfischbach, gegossen von Hamm/Frankenthal 1950 und 1956). Die ganz bewußt eingebauten Dissonanzen der Septime und None geben dem Gesamtklang sein besonderes und unverwechselbares Gepräge.
Eine besondere Beziehung zur Stiftskirche hat bezüglich Zier und Inschriften die UNIONSGLOCKE es’, welche an die Pfälzische Kirchenunion von 1818 erinnern will: Auf der Flanke trägt sie das Unionszeichen, um den Schlagring das Schriftwort: + DES HERRN APOSTEL SPRICHT. SEID FLEISSIG ZU HALTEN DIE EINIGKEIT IM GEISTE DURCH DAS BAND DES FRIEDENS +.
Um die Schulter finden sich Eigentums- und Stiftervermerk: + DER WIEDERAUFBAUVEREIN DER APOSTELKIRCHE KAISERSLAUTERN SCHENKTE MICH DER STIFTSKIRCHE + GEBRÜDER BACHERT - KARLSRUHE GOSSEN MICH IM JAHRE DES HERRN 1957 +.
Volker Müller
Aus: "Die Stiftskirche in Kaiserslautern" | Sonderdruck aus "DER TURMHAHN", Blätter vom künstlerischen Schaffen und Bauen in der Pfälzischen Landeskirche, 34. Jahr, Heft 3/4, 1990
Bild: Die neuen Glocken auf dem Transport zur wiederaufgebauten Stiftskirche, 26. Oktober 1957.
„Wie die Zeit vergeht …“
Einige historische Eckdaten
900
Seit ca. 900 nach Christi Geburt steht eine kleine romanische Martinskapelle aus Sandstein auf dem Boden der heutigen Adlerapotheke
1152
Gründung des Prämonstratenserstiftes (Stift=Kloster) und eines Hospitals in Kaiserslautern. Gefördert durch
Kaiser Friedrich I. "Barbarossa"
Nach 1152
Bau der ersten großen Kirche in Kaiserslautern durch die Prämonstratenser. Sie hat die Form einer dreischiffigen romanischen Basilika und ist 40 Meter lang
1240
Ab 1240 Neubau der heutigen Stiftskirche. Die erste Kirche verschwindet und eine größere gotische Hallenkirche wirde erbaut. Sie ist über 56 Meter lang. 1325 ist die Kirche fertig und steht unter dem Patrozinium des Heiligen Martin und der Heiligen Maria. Um 1500 kommen die beiden Westtürme hinzu
1511
Die Zeit für die Prämonstratenser geht zu Ende. Sie lösen das Kloster auf und übergeben die Kirche und das Klostergebäude einer kleinen Gemeinschaft von Priestern. Die sind keine Ordensleute, arbeiteten aber zusammen in der Stiftskirche als Seelsorger
1565
Die Gemeinschaft von Priestern wird aufgelöst. Der Rat der Stadt führt die Reformation in Kaiserslautern ein. Von da sollen alle Bürger den neuen Evangelischen Glauben annehmen. Die Stiftskirche erlebt eine wechselvolle Geschichte. Allein 1624 bis 1734 wechselt die Stiftskirche neunmal von evangelisch zu katholisch und wieder zurück
1818
Aufhebung der konfessionellen Trennung evangelisch-lutherischer und evangelisch-reformierter (calvinistischer) Christen in der Pfalz. Gründung der evangelisch-unierten Kirche in der Pfalz. Feier der pfälzischen Kirchenunion mit erstem gemeinsamem Abendmahl in der Stiftskirche
1945
Eine Amerikanische Bombe zerstört den Hauptturm und große Teile des Daches
1950
Wiederaufbau der Stiftskirche. Rekonstruktion des Hauptturmes. Neubau des Dachs und einer Orgel von der Firma Walcker
1968
Die Stiftskirche wird grundlegend restauriert durch den Architekten Werner Heyl. Das Bodenniveau wird mit großem Aufwand wieder auf die ursprüngliche Höhe abgesenkt. Einsturzgefährdete Pfeiler werden saniert und deren Gründung gesichert. Eine leistungsfähige Fußboden-Warmluftheizung wird eingebaut. Störende Einbauten werden entfernt, die Gesamterscheinung des Innenraumes wieder der mittelalterlichen Gestalt angennähert. Eine neue viermanualige Orgel der Firma Oberlinger wird erbaut